Wird für Erhalt von Heide nun Wald geopfert?

 

Von Michaela Kumkar

 

 

Einem geförderten Naturschutzprojekt in der Kleinen Schorfheide können Einwohner von Beutel gar nichts abgewinnen. Sie halten es in Zeiten des Klimawandels schlichtweg für falsch, dass dort  Bäume in Größenordnungen gefällt werden.

 

 

BEUTEL. Seit Wochen sorgen Baumfällarbeiten im Naturschutzgebiet „Kleine Schorfheide“ in Beutel für Diskussionsstoff. Der Förderverein Feldberg-Uckermärkische Seenlandschaft e. V. hat die Fällungen auf einer Fläche von 32 Hektar in Auftrag gegeben. Dabei handelt es sich um ein gefördertes Naturschutzprojekt zur Renaturierung zurückgehender Heidelandschaften. Die Bäume müssen weichen, damit sich dort Heide entwickeln kann.

 

Dafür haben viele Leute im nahe gelegenen Beutel kein Verständnis. Aus ihrer Sicht wird auf diesen 32 Hektar Wald geopfert, damit dort eine Landschaftsform entsteht, die es an dieser Stelle nie gegeben habe. „Stoppt die naturzerstörerischen Maßnahmen in der Kleinen Schorfheide!“ stand auf einem Transparent, das Einwohner zur Ortsbeirats-sitzung am Montagabend vorbereitet hatten. Neben anderem Informationsmaterial. Die Fällarbeiten im Naturschutzgebiet waren Thema der Sitzung. Der Ortsbeirat hatte dazu Roland Resch, Vor-sitzender des Fördervereins, Vertreter der Forstbehörde, Torsten Blohm von der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises und Thomas Volpers, Geschäftsführer des NABU Templin, eingeladen.

 

Was viele Beuteler besonders stört, ist die Tatsache, dass es vor Beginn der Arbeiten keine Information durch den Förderverein gegeben hat. „Otto Normalverbraucher erfuhr erst davon, als die Fläche abgesperrt war und schwere Maschinen rollten“, ärgerte sich ein Einwohner in der Sitzung. „Ist Heide mehr wert als Wald?“, fragte der Mann.

 

Roland Resch räumte ein, dass der Verein diesbezüglich einen Fehler gemacht habe, „Das tut mir leid.“ Allerdings sei man auch gesetzlich nicht dazu verpflichtet gewesen, die Beuteler vorab nach ihrer Meinung zu fragen. „Wir haben natürlich mit Kritik gerechnet. Aber wir sind davon ausgegangen, dass das Heidedorf Beutel nach zwei Heideblütenfesten, die wir gemeinsam gefeiert haben, mehr hinter unserem Anliegen steht.“

 

Gleichermaßen wies er darauf hin, dass der Erhalt von Offenlandschaften – die Größenordnung liegt zwischen 1200 und 1500 Hektar – zu den Verpflichtungen gehört, die der Bund und das Land Brandenburg dem Verein im Zusammenhang mit der Vergabe von Fördermitteln auferlegt haben. Dem Förderverein gehört ein Teil der Flächen im 7000 Hektar großen Naturschutzgebiet. Rund 700  Hektar Heide wer-den in seinem Auftrag offen-gehalten. Vorrangig durch Beweidung. Die Agrargenossenschaft Beenz sei das Unter-nehmen, das den meisten An-teil daran habe. Den Rahmen für die Bewirtschaftung und Pflege dieser Flächen liefern gesetzliche Verordnungen zu Naturschutzgebieten.

 

Erhaltung der Heide ist Arbeit gegen die Natur.

 

„Die derzeitigen Fällungen passieren in Abstimmung mit den Behörden auf einer Fläche, wo sich Wald besonders stark entwickelt hat“, so Resch. Uwe Noack, Leiter der Landesoberförsterei Boitzenburg, bestätigte, dass das erste Treffen aller Beteiligten2020 stattgefunden habe. „Dort wurde das Projekt vorgestellt und abgestimmt. “

 

Udo Herm, der in Beutel wohnt, wollte trotzdem wissen, warum gerade diese 32 Hektar so wichtig sind, „wo im Laufe der Jahre ein Wald entstanden ist, der nun gerodet wird.“

 

 

Torsten Blohm entgegnete, dass diese Entscheidung nicht am grünen Tisch getroffen wurde. „Bei solchen besonderen schützenswerten Lebensräumen wie der Heide muss man immer wieder gegen die Natur arbeiten.“ Wenn sich die Chance wie in diesem Fall biete, dass Flächen offen gehalten werden können, dann lohne es sich, diesen Aufwand zu betreiben und auch Fördermittel für Rodungen einzusetzen. Zuvor hatte auch Torsten Blohm bedauert, „dass in der Kommunikation einiges schief gelaufen ist“.

 

Die Beutelerin Heidemarie Schmidt findet dennoch, dass es deutlich sinnvoller gewesen wäre, wenn der Förderverein die Fördermittel verwendet hätte, um die 700 Hektar vorhandene Heide freizuhalten. „Das ist gar nicht zu schaffen. Stattdessen sollen neue Flächen entstehen. Dafür werden Bäume gefällt. In Zeiten des Klimawandels“, betonte sie.

 

Mona Tarassow, die seit Jahrzehnten als Urlauberin nach Beutel kommt, ging noch einen Schritt weiter. „Hier werden 32 Hektar Wald und Biomasse zerstört, wo CO2 wunderbar gebunden hätte werden können.“ Es sei zu wenig, wenn sich Vertreter von Behörden hinter Gesetzen verstecken. „Von ihnen erwarte ich, dass sie sagen, wir brauchen weniger Heide und mehr Wald und gehen auf die Bevölkerung zu. Und auch auf die Generation, die nach uns kommt.“ Aus Sicht von Gustav Kleinhans, Mitglied des Ortsbeirates, geht es bei diesem Projekt nicht um Naturschutz, „sondern um eine ganz normale Bewirtschaftung einer Fläche“.

 

32 Hektar seien ein doch vergleichsweise kleines Areal, hielt Roland Resch zu bedenken dagegen. „Wo es nur geht, bleiben alle Laubbäume auf dieser Fläche stehen. Außerdem ist auch Heidelandschaft wichtig für den Klimaschutz.“ Gefragt wurde der Vorsitzende des Fördervereins nach den Kosten für das Naturschutzprojekt. Die Summe belaufe sich auf über 800 000 Euro. „Darin enthalten sind die Mittel für Planungen und die Munitionsberäumung“, sagte er.

 

Vorab mehr  Informationen gewünscht

 

Keine geringe Summe, für die unter dem Strich die Bürger in Form von Steuergeldern aufkommen, hieß es aus der Einwohnerrunde. „Das stimmt“, so Thomas Volpers. Es sei aber im Vorfeld fachlich genau geprüft worden, ob die Fördermittel an dieser Stelle sinnvoll eingesetzt werden. „Und das werden sie. Der Erhalt der Heide ist hier wichtiger als der Wald“, sagte er. Wehren könnten sich die Beuteler gegen diese Maßnahme nicht. Er sei sich sicher, dass sie bei einer Informationsveranstaltung vor drei Monaten auch keine andere Meinung zu dem Projekt gehabt hätten als jetzt.

 

Annett Vietze warf Thomas Volpers Arroganz vor. „Wir hätten uns eine solche Veranstaltung im Vorfeld sehr gewünscht.“ Dass dies nicht passiert sei, tue den Beuteler Bürgern nicht gut und sei mehr als schade. Ortsvorsteherin Birgit Arndt fragte Roland Resch, ob noch weitere „Entbuschungsmaßnahmen“ im Naturschutz-gebiet „Kleine Schorfheide“ vorgesehen seien. „Mit mir als Vorsitzender des Förder-vereins auf unseren Flächen nicht“, sagte er.

 

Templins Bürgermeister Detlef Tabbert (Die Linke), der an der Sitzung teilnahm, findet, dass die Bürger bei solchen Maßnahmen vorab besser informiert sein müssen. Das hatte auch der Beuteler Bernfried Arndt gefordert. Er sieht dabei die Politik in der Pflicht. Detlef Tabbert kündigte an, dass die Stadt mit dem Landkreis und den Umweltverbänden sprechen werde.

 

Von Michaela Kumkar

 

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Aus der Templiner Zeitung vom 21.10.2021, Seite 13, mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

 

Zuletzt geändert: 21.10.2021