Adler kreisen über der Buchheide

Von Birgit Bruck

Jungen Seeadler (links) aus der Buchheide und sein Vater

Den jungen Seeadler (links) aus der Buchheide und seinen Vater erwischte Tierarzt Ingo Börner mit einer Fotofalle

Der seltene Schreiadler steht auf der Roten Liste ganz oben: Der kleinste bei uns le- bende Greifvogel ist vom Aussterben bedroht. Der NABU Templin kümmert sich deshalb um gute Jagdgründe für die Tiere. Der Erfolg kann sich sehen lassen.

TEMPLIN. Der Schreiadler ist selten geworden. Nur noch ungefähr 100 Brutpaare gibt es in Deutschland, 80 davon in Mecklenburg-Vorpommern, 20 in Brandenburg. Eins davon hat seinen Horst in der Templiner Buchheide. Wo es auch in diesem Jahr einen Jungvogel gab. Fotos, die dem Tierarzt Ingo Börner mit einer sogenannten „Fotofalle" ins sicherem Abstand zum Horst gelungen sind, zeigen einen jungen Adler - zu erkennen an dem typischen hellen Fleck am Kopf und seinen Vater ,,J9". Der technisch klingende Name ist die Bezeichnung, die auf seinem Kennring steht, mit dem der Adler 2007 ausgestattet worden war. Jetzt sind die Adler aus der Buchheide wie ihre Artgenossen auf dem Weg ins östliche Afrika. Eine Karte auf der Internetseite des Naturschutzbundes (NABU) zeigt, dass sieben mit Sendern versehene Adler, die Mitte Sep­tember in der Uckermark aufgebrochenen sind, gerade den Sudan und Äthiopien erreicht haben. Wenn alles gut geht, werden also auch „J9" & Co bald in ihren Winterquartieren in Kenia und Tansania angekommen sein. Dass der scheue Vogel sich weiter in der Uckermark heimisch fühlt und dass es vielleicht wieder mehr werden, daran arbeiten Naturschützer und Landwirte. Gemeinsam. Ein Miteinander, das nötig ist, da der Greifvogel besondere Ansprüche an sein Brutgebiet stellt. Denn er braucht ein abwechslungsreiches Nebeneinander von artenreichen Wäldern mit Totholz und nassen Senken zum Brüten und rundherum extensiv genutzte Wiesen, auf denen er Nahrung findet, erläutert Arno Hinz vom NABU, der sich seit Jahren um den Schutz der Schreiadler kümmert. Viele Brutgebiete des Schreiadlers sind in der Vergangenheit durch massive Holzein-Schläge, Entwässerungen und Straßenbau zerstört worden. Da der Schreiadler zu Fuß auf Jagd nach Mäusen und Insekten geht, müssen die Wiesen rechtzeitig gemäht werden. Ideal sei außerdem, wenn das Gras an verschiedenen Stellen eine unterschiedliche Höhe hat. Um das auf potenziellen Nahrungsgebieten umsetzen zu können, hat der NABU Regionalverband Templin insgesamt 25 Hektar Grünflächen gekauft, die er an Partner verpachtet. Landwirt Reiner Schultz gehört zu ihnen. Er mäht zum richtigen Zeitpunkt. Da die NABU-Flächen nur einen Teil seines Grünlands ausmachen, sei das vor allem eine Frage der Organi­sation. „Das ist kein großer Aufwand, wenn der Wille da ist", sagt der Landwirt. Entscheidend sei, ob man sich auf diese Vorgaben einlassen möchte. Das Ergebnis seiner Arbeit konnte er übrigens schon leibhaftig beobachten. „Beim Mähen der Wiese habe ich den Adler selbst sehen können", sagt er. Dass die Flachenkäufe offensichtlich unter einem guten Stern stehen, hatten Norbert Bukowsky und seine Mitstreiter schon im vergangenen Jahr festgestellt: ausgerechnet auf einer nur 0,8 Hektar großen Fläche, die der NABU erworben hatte, hatte sich ein Schreiadler niedergelassen. Die Wiederherstellung und den Schutz geeigneter Jagdgebiete für den Schreiadler bezeichnen die Fachleute als wichtigste Maßnahme, um den selten gewordenen Vogel vor dem Aussterben zu bewahren. Ein weiteres ist ein besonderes Adlerprojekt, mit dem mehr Jungvogel aufgezogen werden sollen und an dem sich auch Arno Hinz und Ingo Börner beteiligten. Dazu wurden „Zweitjunge", die in freier Natur keine Überlebenschance haben, mit der Hand aufgezogen und ausgewildert. Schreiadler legen zwei Eier, die Jungen schlüpfen im Abstand von vier Tagen. Normalerweise tötet der Ältere den Jüngeren. So bekommt aber auch er eine Überlebenschance. 63 junge Adler konnten so innerhalb von fünf Jahren zusätzlich aufgezogen werden. Die auch die Chance erhöhen, dass es irgendwann in der Gegend um Templin künftig wieder mehr Brutpaare gibt. Übrigens haben einige Vogel die Namen der am Projekt Beteiligten bekommen. Und so sind auch die Adler „Ingo" und „Arno" derzeit auf dem Weg nach Afrika.

Kontakt zum Autor b.bruck@uckermarkkurier.de


Text + Bild aus der Templiner Zeitung vom 21.10.2014,

Lokalteil des Uckermarkkuriers, S. 19


Weitere Infos zum Schreiadler beim NABU Hauptverband.

Schreiadler Broschüre als Download beim NABU Hauptverband

Schreiadler Broschüre (PDF 3.31 MB)

 

 

Zuletzt geändert: 18.03.2016