Adler das Nest unter den Federn weggeschlagen

Von Horst Skoupy

 

Ein Greifvogel wurde bei Herzfelde seiner Brutstätte beraubt. Wie es aussieht, haben noch unbekannte Täter dort eine Umweltstraftat begangen. Ein schlimmer Verdacht keimt auf. Und es ist offenbar kein Einzelfall.

 

UCKERMARK. Soll bei Herzfelde der Seeadler verjagt werden, damit dort Wind- kraftanlagen gebaut werden können? Diese Frage drängt sich auf, nachdem in der vergangenen Woche ein ungeheuerlicher Vorfall be- kannt geworden war.

 

Ausgangspunkt war eine Anfrage des Templiner Stadt­verordneten Wolfgang Hoff- mann (Wählergemeinschaft Den Bürgern verpflichtet) an die Stadtverwaltung, ob es neue Erkenntnisse zum geplanten Windpark Mitten-walde gibt. Damit konnte Bürgermeister Detlef Tabbert (Die Linke) zwar nicht dienen, sagte jedoch, dass bislang kein Bauantrag für Windkraftanlagen vorliege. In dieser Situation schaltete sich plötzlich der Stadtver­ordnete Arno Hinz (Ampel-Uckermärker- Heide) in die Diskussion ein. Er informierte die Mitglieder der anderen Fraktionen und die Verwaltung, dass bei Herzfelde offenbar eine Umweltstraftat begangen wurde. „Dort ist ein Baum gefällt worden, auf dem sich ein Seeadler-Horst befand", sagte Hinz. Der Vorfall sei inzwischen auch bei der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Uckermark angezeigt worden.

 

Bei der Recherche zu dem Thema stellte sich heraus, dass dies offenbar kein Einzelfall ist. Es sollen sich bereits zwei ähnliche Vorfälle im Norden der Uckermark zugetragen haben. Harald Wendt, Sachgebietsleiter bei der unteren Naturschutzbe­hörde, konnte das auf Nachfrage des Uckermark Kurier bestätigen. „Wir haben in allen drei Fällen Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft gestellt", erklärte er. Doch zu Details wollte er sich mit dem Verweis auf die laufenden Verfahren nicht äußern. Auch wollte er nicht darüber spekulieren, ob diese Vorfälle im Zusammenhang von Pla­nungen zu Windkraftanlagen stehen. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin will sich in dieser Woche dazu äußern, hieß es am Freitag.

 

Windpark oder nicht, so oder so sind solche Aktionen kriminell, weiß Bodo Giering, Leiter der Fachgruppe Ornithologie/Artenschutz beim NABU-Regionalverband Templin. „Wer die Nist- oder Brutstätte eines geschützten Tieres vorsätzlich zerstört, der begeht eine Straftat", stellte er klar. Neu seien solche Machenschaften nicht. Bundesweit gebe es den „Trend", Greifvögel auf diese Art zu vergrämen. Doch bislang blieb die Uckermark verschont. „Dass er jetzt schon unsere Region erreicht hat, ist ungeheuerlich", zeigte er sich angesichts dreier Fälle entsetzt.

 

Der Ornithologe zeigte keinerlei Verständnis für solche Umweltstraftaten. Erst recht nicht vor dem Hintergrund, dass sich die Bestände des Seeadlers in Brandenburg gerade stabilisiert haben: Noch 1992 habe der Greifvogel auf der roten Liste der gefährdeten Tiere gestanden. Damals war er vom Aussterben bedroht. Inzwischen hat sich seine Population soweit erholt, dass er 2008 aus der roten Liste entlassen werden konnte, sagte Giering.

 

Den Horst bei Herzfelde kannte er nicht. Allerdings hat sich an der betreffenden Stelle ein Fachmann umgesehen, der vorerst ungenannt bleiben möchte. Er glaubt, mit Indizien belegen zu können, dass der Horst mit einem Seeadler belegt gewesen sei. So spreche sogenanntes Gewölle - das sind unverdauliche Reste, die Greifvögel wieder hervorwürgen und ausspeien - neben dem herabgestürzten Horst dafür, dass dort jüngst ein Adler lebte. Mehr noch. Der Stamm des Baumes soll Spuren von Steigeisen aufweisen, belegte er anhand von Fotos.

 

Kontakt zum Autor h.skoupy@uckermarkkurier.de

 

 Aus der Templiner Zeitung vom 15.05.2017, mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

 

Zuletzt geändert: 15.05.2017