Ist der Schreiadler in der Uckermark noch zu retten?


Schreiadler Arno mit seinem Nachwuchs auf einem Bild - ein seltener Schnappschuss dank unbemannter Fotofalle.                                                                Foto: Inngo Börner

 

Von Sigrid Werner

 

Ausgerechnet das Brutrevier von Schreiadler Arno in der Buchheide liegt außerhalb des europäischen Vogelschutzgebietes. Fördermittel gibt es für ihn nicht. Der NABU Templin versucht deshalb auf eigene Faust, ihm die Speisekammer zu füllen.                          

 

                                                                                                                               Arno Hinz ist ehren-             Norbert Bukowski

                                          amtlicher Horstbetreuer    organisiert den Flächen-

                                                                                 Fotos (2): S. Werner    kauf

 

UCKERMARK. Ist der Schreiadler noch zu retten? Ingo Börner, Tierarzt, Mitglied des Naturschutzbundes (NABU) und ehrenamtlicher Horstbetreuer weiß, dass er mit dieser Frage provoziert. Schließlich hat es der Schreiadler in der Uckermark, an der westlichs­ten Verbreitungsgrenze der Vogelart, besonders schwer. Von einer solchen Grenze aus startet eine Art ihren Sieges­zug. Oder sie verliert sich. Den Schreiadler gibt es nur in Europa. In Deutschland ist er vom Aussterben bedroht. Den Rückgang der Bestände ausgerechnet an einer Verbreitungsgrenze aufzuhalten, ist besonders schwer.

Der NABU in Templin stellt sich dieser Aufgabe und leistet ehrenamtlich, wofür anderswo hauptamtlich Mitarbeiter unterwegs sind. „Denn es ist fünf vor zwölf", sagt Norbert Bukowski, Vereinsvorsitzender des NABU Templin. „Im Altkreis Templin gab es Ende der 1970er Jahre 12 bis 15 Brutpaare. Südlich von Templin, also direkt vor unserer Haustür, drei bis vier Brutpaare", weiß Arno Hinz. „Zuletzt haben wir in den besten Jahren sechs Pärchen gezählt, nur fünf haben gebrütet. Inzwischen sind wir bei drei bis vier Brutpaaren gelandet. In der Buchheide brütet nur noch ein Paar", so Hinz, der Forstmann, der nach Feierabend als Horstbetreuer unterwegs ist. „In Brandenburg dümpeln wir mit rund 20 Brutpaaren dahin. Selbst in Mecklenburg-Vorpom­mern sind es nur noch unter 100 Brutpaare."

Woran liegt es, dass die Adler ausbleiben? Zum einen fehlt es an geschützten Brutbäumen, auf denen Greife ungestört ihre Brut aufziehen können. Je mehr Unruhe zu Legebeginn, umso eher lassen sie sich aufscheuchen. Kolkrabe, Baummarder oder Waschbär warten nur darauf. Dabei seien es weniger laute Radler, Reiter oder Pilzsamm­ler, die unbewusst am Horst vorbeikommen, als vielmehr forstliche Arbeiten oder Jagd, die für Aufregung sorgen. „Mit Menschen hat der Adler kein Problem", sagt Börner.

Noch entscheidender sei das Nahrungsangebot. Während die zu Fuß jagenden Vögel früher im Umkreis von einem Kilometer auf Wiesen und Weiden genug Mäuse, Hamster, Schlangen und Frösche fanden, fliegen sie heute bis zu zehn Kilometer weit, weiß Hinz. Denn der Grünlandanteil sinkt. Es fehlt an kleinteiligen ausreichend feuchten Wiesen, einer mosaikartigen Landschaft.

Einzelne Tiere sind mit Sendern ausgestattet. Daher wissen die NABU-Aktivisten um den Aktionsradius der Vögel. Die Konsequenz: „Wir müssen die Speisekammer der Adler wieder füllen", sagt Ingo Börner. Dazu hat der NABU Templin ein Projekt zum Erwerb von Grünland in den Brutrevieren durch den NaturSchutzfonds Brandenburg in der Buchheide aufgelegt, berichtet Norbert Bukowski.

So soll mit den Pächtern eine angepasste mosaikartige Weide- und Mähnutzung organisiert werden. Bisher sei man bei Landwirten auf Verständnis getroffen. Der NABU will dem treuen Brutpaar mit Adler „Arno" eine Nahrungsfläche von 50 Hektar sichern und noch einem zweiten Paar eine Nahrungsgrundlage schaffen. 55 000 Euro musste der NABU für den Erwerb der ersten 21 Hektar selbst durch Spenden aufbringen.

Zum anderen setzt man auf die Auswilderung von Jungvögeln. Dazu entnimmt man die Brutreserve aus Horsten, die vom Geschwisterteil ohnehin aus dem Nest gestoßen werden würde. In Potsdam werden in einer Falkenstation die Jungvögel mit einer Adlerpuppe gefüttert und später in einer sogenannten Heckingstation in Grunewald aufgezogen, bis sie im Herbst die 10 000-Kilometer-Reise nach Afrika antreten. Viele sterben auf diesem Flug. 83 Jungtiere seien seit 2007 ausgewildert worden. Nur etwa zehn Prozent werden es bis zur Geschlechtsreife schaffen.

 

Kontakt zur Autorin s.werner@uckermarkkurier.de

 

Obiger Artikel wurde mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der TEMPLINER ZEITUNG entnommen (Lokalteil des UCKERMARK KURIER vom 17.11.2015) .

 

Zuletzt geändert: 20.03.2016