Raritäten brauchen Schutz

 

Ohne Landschaftspflege ist die Chance, Orchideen in freier Natur zu erhalten, gering. Im Altkreis Templin koordiniert der NABU mit Unterstützung, was nötig ist. Nicht unbedingt ein leichtes Unterfangen.

 

 

Templin. Zollstock, Fotoapparat, eine Klemmmappe für Papier und ihr umfangreiches Wissen, all das braucht Sophie Hartmann bei ihrem Einsatz auf den Templiner Kanalwiesen. Die junge Frau, die Landwirtschaft und Naturschutz studiert und promoviert hat, ist für den NABU Regionalverband Templin e. V. willkommene Unterstützerin bei einem wichtigen Projekt. „Dabei geht es um die Erfassung von Orchideen im Altkreis Templin, einschließlich seiner Randgebiete“, er-klärt Norbert Bukowsky vom NABU. Alle bekannten Standorte werden im Rahmen des Projektes aufgesucht und erfasst. „Dafür sorgen die Mitglieder unserer Fachgruppe Botanik, Mitarbeiter der Naturwacht im Biosphärenreservat Schorf heide-Chorin sowie im Naturpark Uckermärkische Seen“, so der Fach-mann. Dazu kommen ehrenamtliche Orchideenzähler, wie beispielsweise Sigrid Taube, die seit 30 Jahren im Naturschutzgebiet Bollwintal unterwegs ist. „Zählchefin am Templiner Kanal ist Regina Zedow.“

 

Norbert Bukowsky verweist bei diesem Thema auf die fünf Jahre andauernde Förderung des NaturSchutzFonds Brandenburg zum Aufbau einer lebensfähigen Population des Großen Händelwurz. Finanziell werde so seit 2020 die Flächensicherung unterstützt sowie die Gewinnung und Ausbringung der Orchideensamen.

„2014 wurden die ehemaligen Wuchsstandorte dieser Orchidee aufgesucht“, berichtet Norbert Bukowsky weiter. „Im Labüskemoor konnte nach 35 Jahren wieder ein Exemplar festgestellt werden. Andere Standorte gibt es nicht mehr im Altkreis. Ohne Hilfe wird es nicht möglich sein, wenigstens diesen einen zu erhalten“, so Norbert Bukowsky. Hilfe bedeutet, Pflegemaßnahmen zu organisieren. Mit Partnern, zu denen unter anderem die Stadt Templin gehört.

  Unterstützung, die die Orchideen in freier Natur bitter nötig haben. Obwohl alle im Altkreis Templin vor-kommenden Arten gesetzlich geschützt seien, habe dies ihren teilweise dramatischen Rückgang nicht verhindern können, weiß man beim Templiner Regionalverband des NABU. Von den bisher festgestellten heimischen Arten seien bereits elf ausgestorben. Auch eine Folge des Klimawandels und der zu-nehmenden Eutrophierung der Landschaft in den letzten 100 Jahren.

 

Die Expertise, die Sophie Hartmann für die Templiner Natur-schützer erarbeitet, trägt nicht nur dazu bei, sich einen Überblick über die vorhandenen Raritäten zu verschaf-fen, sondern auch festzulegen, wie be-stimmte Standorte gepflegt werden müs-sen: Späte oder frühe Mahd oder Beweidung, darum geht es. Denn bleiben Feuchtwiesen über längere Zeit ungemäht, entwickelt sich eine nährstoffreiche Hochstaudenflur, in der sich konkurrenzschwächere Arten wie Orchideen nicht mehr behaupten können. „Je detaillierter die Informationen über die jeweiligen Stand-orteigenschaften sind, umso besser lässt sich ermitteln, inwiefern sie eine Rolle für die Vitalität der Arten spielen“, lässt Sophie Hartmann wissen. Ihr spezielles Augenmerk hat sie auf das Breitblättrige Knabenkraut gelegt. Die Art habe ihren Verbreitungsschwerpunkt in Mitteleuropa, sodass der BRD eine besondere Verantwortung für den Erhalt zukomme.

 

Die junge Frau verweist auf ein regionales Projekt im Saarland, in dem es darum geht, wie sich lokale Akteure in die Landschaftspflege einbeziehen lassen. Natürlich wäre es optimal, dafür Leute mit Spezialkenntnissen vor Ort zu haben. „Andererseits dürfen die Pflegearbeiten zum Erhalt der Orchideenarten nicht so komplex sein, dass sie nicht mehr machbar sind“, betont Norbert Bukowsky. Die historischen Nutzungsformen dieser Flächen, die es den Arten leicht gemacht haben, sich zu entfalten, werde man nicht mehr hinbekommen. Die Zusammenarbeit mit dem Gymnasium Templin zur Pflege der Orchideenwiese am Kanal sei gegenwärtig unterbrochen, weil der Naturpark Ucker-märkische Seen dies nicht mehr finanziere. „Wir versuchen, die Lücken mit unseren Mitteln zu schließen.“

 

Für die Kartierung der Orchideenvorkommen hat der NABU Regionalverband Templin alle Naturfreunde gebeten, Standorte zu melden. Die Ergebnisse sollen in der Zeitschrift Naturschutz und Landschaftspflege veröffentlicht werden.

 

 

 

Kontakt zur Autorin

 

m.kumkar@nordkurier.de

 


 

 

Aus der Templiner Zeitung vom 13.07.2021, Seite 13, mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

 

Zuletzt geändert: 13.07.2021