So kann ein Apfel auch schmecken.

 

Herrliches Wetter lockte zu einem Ausflug zum Templiner Streuobsttag am Seniorenlandsitz. Gäste kamen längst nicht nur aus der Kurstadt. Denn die Experten der Obstbaum-kunde halfen bei der Frage: Was für ein Apfel wächst da in meinem Garten?

 

Templin. „An solch einem Tag kommen glatt noch mal Frühlingsgefühle auf “, schwärmte Cornelia Süßenbach, Chefin des Seniorenlandsitzes an der Buchheide in Templin. Nicht nur viele Gäste aus Templin und von weiter her, sondern auch die Bewohner des Seniorenlandsitzes freuten sich über die Abwechslung, die der Templiner Streuobsttag des NABU Templin und des Naturparks Uckermärkische Seen am zweiten Sonnabend im Oktober bot. Dr. Anke Kurz, Thomas Fischer und Martin Rech vom Pomologenverein e. V. bekamen an ihrem Stand viele knifflige Aufgaben zu lösen. Zwar waren auf Tellern verschiedenste alte Apfelsorten drapiert, vom Himbeerapfel über Holowaus bis zu Gold-parmäne, Rotem Hauptmann und Gravensteiner. Nicht nur Familie Albrecht aus Prenzlau kam, um mit Äpfeln aus ihrem Garten zu vergleichen. Doch einfach ist das nicht. Auch Klaus-Dieter Jahns aus Bebersee hatte ein ganz besonderes Exemplar dabei. „Es stammt von einem 200 Jahre alten Apfelbaum“, berichtete er. Da mussten selbst die Obst-kundler mit geschultem Blick und erfahrenen Geschmacksknospen passen. „Sie wollen den Apfel jetzt mit zu einer Konferenz an den Bodensee nehmen, um ihn bestimmen zu lassen“, sagte Jahns. Alte Apfelsorten, die alle mal aus Zufallssämlingen hervorgegangen sind, haben den Vorteil, dass sie – nicht wie die schnell wachsenden und auf Ertrag getrimmten Sorten im Obstbau – sehr alt werden könnten, bestätigte Thomas Fischer. Sie überlebten Generationen, erklärte der Mann, der den NABU bei der Anlage des Sortenschau-gartens in Templin unterstützt hatte. Es sei wichtig, mehr als nur eine alte Apfelbaumsorte in seinem Garten zu haben, man brauche immer auch einen Bestäuber in der Nähe. Zieräpfel eigneten sich gut dafür.

 

Fischer ist derzeit auch mit der Nachbestimmung der Apfelsorten im Sortenschaugarten beschäftigt. Endlich hätten die meisten Bäume gut Früchte getragen. Alte Apfelsorten zu bewahren sei auch wichtig für Allergiker, erklärte Martin Rech. Viele alten Sorten würden meist problemlos vertragen. Rech engagiert sich im Pomologenverein seit gut sechs Jahren in der Sorten-bestimmung. Ihn fasziniere es, als Botschafter für alte Apfelsorten unterwegs zu sein. Es sei schon interessant, wenn Menschen einen längst vergessen geglaubten Geschmack von Goldparmäne oder Gravensteiner wiederentdecken. „Oder wenn junge Leute staunend fest-stellen: Ach so kann ein Apfel auch schmecken“, zeigt sich Dr. Anke Kurz fasziniert. Allein in Europa soll es rund 5000 Apfelarten geben. Thomas Preschel kann nach eigenen Aussagen etwa 30 bis 40 Sorten auseinanderhalten. In seinem Obstbetrieb Bio Boitzenburg bewirtschaftet er hinterm Gutshof von Boitzenburg eine Streuobstwiese und eine Anlage mit Spalierobst. 460 Apfelbäume gehören dazu, 54 alte Apfelsorten bewahrt er damit. Seine Äpfel gingen am Sonnabend weg wie warme Semmeln. Auch Annegret Brall aus einem Biobetrieb in Grünheide (Oberuckersee), der 4000 Obstbäume bewirtschaftet, nutzte die Gelegenheit, ihre Produkte bekannter zu machen. Steffi Graband aus Mühlenbeck, die zwei Baumpatenschaften in Templin abgeschlossen hat, ließ sich gleich einen ganzen Korb füllen. „Ich halte die Bewahrung alter Sorten für eine super Sache und unterstütze das gern“, sagte die Frau. Man wisse schließlich nicht, welche Krankheiten und Resistenzen in der Zukunft noch auftreten werden. Die alten Ursprungssorten sind die stille Reserve. Bei Heike Wonitzki vom NABU konnte sie sich genau-so wie Familie Torzynski aus Templin ihre Dankeschön-Apfelsaftflaschen mit Saft aus Äpfeln vom Sortenschaugarten abholen. Insgesamt 120 Flaschen konnten 2021 für die Baumpaten abgefüllt werden.

 

 

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Aus der Templiner Zeitung vom 11.10.2021, Seite 16, mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

 

Zuletzt geändert: 11.10.2021