Seltener Nachtfalter liebt die Hochstauden in der Uckermark

 

Von Sigrid Werner

 

 

 

Der Braune Bär ist der Schmetterling des Jahres. In der Region gibt es ihn noch an vielen Stellen. Doch man braucht schon ein wenig Glück, um ihn zu entdecken.

 

Uckermark. Es ist wieder Insektensommer. Wenn auch  wegen des kühlen Frühjahrs  etwas verspätet, so ist jetzt  doch die beste Zeit, mit wachen Augen auf Entdeckungstour durch die Landschaft zu  streifen. Der Naturschutzbund (NABU) Deutschland  und der Landesbauerverband  rufen gemeinsam auf zum genauer Hinschauen und zum  Zählen der Sechsbeiner. Bis  zum 20. Juni können Naturfreunde ihre Funde noch  beim NABU melden.

Das Templiner NABU-Mitglied Uwe Göritz kann das  nur unterstützen. Seit seinem 17. Lebensjahr gilt sein  besonderes Interesse den  Schmetterlingen. Davon soll  es in Berlin und Brandenburg  2500 Arten geben, darunter  119 Tagfalterarten. Göritz   kartiert diese filigranen Geschöpfe, die die faszinierende  Metamorphose vom Ei über  die Raupe zur Puppe bis hin  zum Falter durchleben – ehrenamtlich. Sein „Revier“  ist mittlerweile die gesamte  Uckermark, denn es gebe nur  noch wenige Naturfreunde,  die sich dieser aufwendigen  Pirsch durch die Landschaft  verschrieben haben. Systematisch nehme er sich Biotop für Biotop in den Schutzgebieten vor. Die Arbeit sei  wichtig, um die Rote Liste  der bedrohten Arten zu aktualisieren und Schutzmaßnahmen für einzelne Arten  fachlich konkretisieren zu  können. Gerade erst hat der  Entomologe feststellen müssen, dass einem Feuerfalter  bei einer gut gemeinten Grabenmahd in einem FloraFauna-Habitat-Gebiet genau  jene Pflanzen weggemäht  wurden, die ihm in einem ohnehin nur kurzen Zeitfenster  als Futterpflanzen dienen.

„Man muss schon genau  wissen, auf welchen Pflanzen die Eier, Raupen oder  Falter zu finden sind“, weiß   Göritz. Manche Arten, die  Nachtfalter, fliegen bei Tage  gar nicht aus, wie der Braune Bär (Arctia caja), der in  diesem Jahr vom BUND als  Schmetterling des Jahres gekürt worden ist. Göritz hat  die pelzige dunkle Raupe  2021 schon einmal entdeckt.  Einen Falter noch nicht. Der  f liegt ab Ende Juni, Anfang  Juli aus, meist erst nach Mitternacht. „Wir können froh  sein, dass es den großen bunten Falter in der Uckermark  noch an verschiedenen Standorten gibt. Wenn man auch  nicht wie früher ein halbes  Dutzend an einem Ort zu   sehen bekommt“, sagt er.  Der Falter lebe nur eine sehr  kurze

 

 Zeit, weil er in seiner  Flugphase keine Nahrung zu  sich nehme. Tagsüber ist er  in Ruhestellung an Baumrinden kaum auszumachen. Er  liebe Wiesen, Gärten, wichtig  seien Hochstaudenfluren mit  Randsäumen, berichtet Göritz. Die Art ernähre sich von  niederen Pflanzen. Der Falter  mag Löwenzahn, Brennnesseln und Wegerich. In der  Uckermark wurde er in den  vergangenen Jahren im Boitzenburger Tiergarten genauso beobachtet wie in Templin  an der Kurmeile, in Gollin   gegenüber der Badestelle, auf  den Mahlendorfern Wiesen,  in der Retzower Heide und  in Groß Sperrenwalde. Vor  allem in Schutzgebieten habe  man noch gute Chancen, ihn  zu entdecken. In Kulturlandschaften eher seltener.

Der Falter mache sich  langsam rar in Deutschland.  Vor allem die zunehmende  Lichtverschmutzung setze  den Nachtfaltern zu. Eigentlich reichen ihnen Mond und Sternenlicht, um sich  zurechtzufinden. Aber starke künstliche Lichtquellen  locken die Tiere magisch an,  und die Falter umkreisen sie  bis zur Erschöpfung.

Es gebe aber auch andere  mögliche Ursachen, weshalb  die Schmetterlingspopulationen kleiner werden: hohe  Temperaturen, Schwankungen in der Population der  Parasiten oder jener Tiere,  die die Raupen auf ihrer Speisekarte zu stehen haben. Es  gebe auch Hinweise darauf,  dass Futterpflanzen mit hoher Nitratbelastung bei den  Raupen zu Durchfall führen  und sie hinwegraffen, bevor   sie zum Falter werden können. Nicht alles sei auf die  Menschen zurück-zuführen.  „Die Datenlage ist einfach zu  dünn. Es ist noch zu wenig  erforscht“, sagt Göritz. Deshalb sei jede dokumentierte  Beobachtung wichtig.

Der Braune Bär stehe auf  der Vorwarnliste für bedrohte Arten. Mit der Kür zum  Schmetterling des Jahres  will man auf die Probleme  aufmerksam machen und  Menschen motivieren, nicht  unnötig Lichter in Hof und  Garten brennen zu lassen.  Göritz würde sich freuen,  wenn Uckermärker, die diesen farbenfrohen großen  Falter entdeckt haben, ihre  Beobachtungen zu Uhrzeit  und Standort notieren. Auf  der Webseite www.schmetterlinge-brandenburg-berlin.de  können die Funde gemeldet  werden. Der NABU hat dieses  Portal in diesem Jahr freigeschaltet. Und Uwe Göritz  weiß dann einmal mehr, wo  es sich lohnt, sich die nächsten Nächte für Bestandsaufnahmen um die Ohren zu  schlagen.


 

 

Aus der Templiner Zeitung vom 21.06.2021, Seite 14, mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

 

Zuletzt geändert: 21.06.2021