Ist es nicht schade um die Pflaumen?

Von Sigrid Werner

 

In Templin gibt es noch Reste der Pflaumen-plantagen des einstigen VEG Obstbaum Templin. An der Kurmeile werden sie mehr recht als schlecht gepflegt. Es fehlt die wirtschaftliche Nutzung. Nun gibt es einen Interessenten.

 

Templin/Kraatz. „In Templin gibt es so viele Obst-bäume und niemand nutzt sie!“ Florian Profitlich, der in Kraatz eine Kelterei und Mosterei betreibt, kann es kaum fassen. Immer auf der Suche nach neuen heimischen Rohstoffen und Produktideen ist er in der Templiner Kurmeile fündig geworden. Dort wachsen nicht nur Äpfel im Sorten-schaugarten und fallen teils ungenutzt zur Erde, sondern stehen auch mehrere 100 alte Pflaumenbäume in Reih und Glied. Letztere haben es ihm besonders angetan. Die blauen Hauszwetschgen lassen dieses Jahr die Bäume teil-weise unter ihrer Last zusammenbrechen. Es wäre schade, wenn die Früchte ungenutzt blieben und die Bäume eingingen.

Florian Profitlich hat des-halb Kontakt zum NABU-Regionalverband in Templin auf-genommen. Der hat die Pflege der Flächen an der Kurmeile, die heute der Rühlschen Stiftung, der NaturTherme und dem Seniorenlandsitz gehören, per Vertrag mit der Stadt und einer Kooperations-vereinbarung mit dem Landsitzübernommen. Eine gewaltige Aufgabe im Ehrenamt, räumt Norbert Bukowsky ein. Sein Verein hege Pläne, die Arbeit in der Landschaftspflege zu professionalisieren, denkt über neue Wege nach und freut sich auch über Partner. Mit Florian Profitlich könnte er sich einen Kooperationsvertrag vorstellen.

    Warum die Templiner nichts aus dem Bestand gemacht haben, niemand angefangen habe, regio-nales Pflaumenmus zu kochen und zu vermarkten, erschließt sich dem Kraatzer nicht ganz. Entlang der Knehdener Straße hege ein Landwirt einen solchen alten Bestand und bewahre damit wenigstens die Sorten im Rahmen der Kulturlandschaftspflege.

   Das Selbstpflücken an der Kurmeile habe man bis-her auch Templinern nicht untersagt, solange es für den Eigenbedarf sei und die Bäume dabei nicht geschädigt werden, versichert Norbert Bukowsky.

 

 

Der Pflaumenbestand blieb in der Vergangenheit – bis auf die Entfernung jeder zweiten Reihe – nahezu ungepflegt. Florian Profitlich, der sich dem Verband der Pomologen angeschlossen hat, erkennt auf Anhieb: Den Bäumen fehle ein Pflegeschnitt, auch der Rinde täte Pflege gut, damit sich Pflaumenwickler dort nicht ungestört verpuppen können. Dort, wo die Bäume ausgefallen seien, habe sich schon die Kirschpflaume aus der ehemaligen Veredlungs-unterlage etabliert.

  Profitlich weiß: Obstbau für die industrielle Verarbeitung lohne sich hier kaum. Nur für Mindest-lohn ließen sich Pflücker heute kaum noch auf die Leitern schicken. Zudem gebe es Jahre, in denen die Bäume nicht tragen. „Die Nancy-Mirabellen reichen dieses Jahr gerade mal zum Naschen“, so der Kraatzer.

     Aber genau deshalb ist ja auch er auf der Suche nach Alternativen zu Äpfeln und Quitten. Mit Früchten unterschiedlicher Blüh-termine, will er das Risiko durch Spätfröste oder Trockenheit streuen.

   Für die blauen Hauszwetschgen hätte er in diesem Jahr Verwendung. Er würde die Bäume erst schütteln, wenn die Früchte schon nicht mehr marktfähig wären. „Dann allerdings entfalten sie ihr volles Aroma erst richtig“, sagt er. Profitlich liebäugelt mit einem besonderen Dessertwein. „Ich bin sehr experi-mentierfreudig, mal sehen, was sich daraus machen lässt“, so der Kraatzer. Für die Vermarktung wäre es wichtig, genau zu wissen, um welche Sorten es sich hier handelt und welche Geschichte dazu erzählt werden könne.

  Der Pflaumenbestand an der Kurmeile gehörte einst dem VEG Obstbau. Die Bäume sollen in den 1970er Jahren gepflanzt worden sein. Die Jungbäume kamen aus der Baumschule der LPG in Boitzenburg. Gepflanzt wurden unter anderem die Sorte Hauszwetschge, Nancy-mirabelle und Bühler Frühzwetschge. Der Absatz war gesichert. Der Betrieb Obst-Gemüse-Speisekartoffeln nahm die Früchte ab und lieferte sie in Kon-servenfabriken, zum Beispiel nach Tutow.

 

Kontakt zur Autorin: s.werner@nordkurier.de

 


 

 

Aus der Templiner Zeitung vom 28.08.2021, Seite 17, mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

 

Zuletzt geändert: 28.08.2021