Naturschutz wird zum Streitthema

Von Kai Horstmann

Das Thema zieht sich bereits über Jahre hin: Wie weit soll das Natur-schutzgebiet „Kuhzer See-Klaushagen" ausgeweitet werden? Die Grünen haben mit einer Anfrage im Landtag die Diskussion wieder neu entfacht.

KUHZ. Droht ein erneuter Streit über die Flächen-größe des Naturschutz-gebietes „Kuhzer See-Klaushagen"? Die Naturschützer möchten das Schutzgebiet vergrößern, um Seen wie den Kuhzer See und den Trebowsee besser zu schützen. Nach der Antwort auf eine Anfrage der Grünen im brandenburgischen Landtag werfen diese der Landesregierung in Bezug auf dieses Naturschutzgebiet vor, sie betreibe in Schutzgebieten nur Schein-Naturschutz für die EU. So seien in geschützten Gebieten der höchsten Kategorie Bestimmungen unterlaufen worden, um die industrielle Landnutzung ohne Beschränkung zu ermöglichen. „Wenn in einer Verordnung für ein Schutzgebiet der Einsatz von Pestiziden zuerst grundsätzlich für alle Arten von Pestiziden verbo­ten wird, um dies im nächsten Paragrafen gleich wieder auszuhöhlen, ist das absurd. Ebenso absurd ist es, Schutzgebiete auszuweisen und alle Bereiche, .die durch eine Beeinträchtigung oder gar Zerstörung besonders gefährdet sind, auszuklammern. Es ist offenkundig, dass hier nicht die Natur geschützt, sondern nur der Schein gegenüber der EU gewahrt werden soll", sagte Benjamin Raschke, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion.

Der. Uckermark Kurier bat zum Ortstermin. Weil die dafür vorgesehene Kommunalpolitikerin aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen konnte, schickten die Grünen mit Thomas Volpers. einen parteilosen Vertreter. Dieser berichtet über eine lange Auseinandersetzung über die Grenzen des Naturschutzgebietes, die bereits in den 1990er Jahren begann. Damals wurde noch unter der Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU), der Kuhzer See in das Naturschutzgroßprojekt Uckermärkische Seen integriert. Laut Volpers wurden Flächen um die Schweinemastanlage Haßleben ausgeklammert, weil man sie wegen des hohen Nitratbestands der Böden für ökologisch weniger wertvoll hielt. Darunter auch das Kuhzer Grenzbruch. Laut Volpers hat sich hier im Laufe einer langen Zeit ein bedeutendes Moor entwickelt, das als Birkenmoorwald in Europa besonders zu schützen ist. „Der Greifswalder Professor Hans Joosten hat in einer Studie nachgewiesen, wie ökologisch wichtig dieser Grenzbruch ist. Hier fließt das Wasser aus der Großen Heide unterirdisch in den Kuhzer See, zudem ist schon allein das Moor schützenswert. Doch die Verantwortlichen im Umweltministerium weigern sich, dieses Biotop dem Naturschutzgebiet anzugliedern", erläuterte Thomas Volpers.

Der NABU-Mitarbeiter sieht einen starken Rückgang bei Laubfröschen und Rotbauchunken. Von Jahr zu Jahr seien immer weniger zu hören. Mit dem Verschwinden von Kleingewässern und Feldrainen auf den Agrarflächen, sei auch die Anzahl der Wildtiere gesunken. Zudem macht Volpers die heute noch ordnungsgemäße Landwirtschaft für einige Umweltschäden verantwortlich. Der Nachweis von Pestizidrückständen in zahlreichen Kleingewässern beweise das. So wird der Abstand zu Biotopen und Seen oft nicht eingehalten. Aber Volpers sieht auch die Probleme der Bauern. So ist es an steilen Hängen mit schwerer Technik durchaus nicht einfach, quer zum Hang zu arbeiten. Durch Furchen, die hangabwärts gerichtet sind, können Wasser und leider Pestizide sowie Nährstoffe relativ ungehindert zum See fließen.

Friedhelm Rogasch, Geschäftsführer des Bauernverbandes Uckermark, sieht in der Ausweitung des Naturschutzgebietes ökonomische Probleme auf die Bauern zukommen. So würden Acker­flächen durch so eine Maßnahme abgewertet werden. Besonders bei Eigentümern von Ackerflächen, die diese nicht selber nutzen, sondern verpachten, würde sich die Rendite verringern. Zugleich weist Rogasch darauf hin, dass die Uckermark bereits einen sehr hohen Prozentsatz an geschützten Flächen besitze. „Man darf Biotope aber nicht totschützen. Wir haben hier in der Uckermark Wildtiere und Pflanzen, die es in Deutschland und in Europa kaum gibt. In der DDR hatten wir solche Naturschutzgesetze nicht. Aber es zeigt sich, dass diese Tier-und Pflanzenarten sich hier entfaltet haben. Da können wir Landwirte ja nicht so viel falsch gemacht haben", sagte Friedhelm Rogasch und betonte, dass der uckermärkische Bauer seine Arbeit sehr umweltschonend ausübt.

Dennoch hält Volpers die Ausweitung der Naturschutzflächen für notwendig. Er spricht Diskussionen auf politischer Ebene an, wo eine alleinige Förderung der Bio-Landwirtschaft diskutiert wird. „Da könnte sich in der Zukunft etwas ändern. Sicherlich hat der Landwirt durch die Erhaltung von Biotopen Mehrarbeit und Gewinneinbußen. Dies kann und muss aber durch eine zielgerichtete Fördergeldzuwendung ausgeglichen werden", betonte Thomas Volpers.

Dagegen schlägt Frank Zimmermann, Bürgermeister der Gemeinde Boitzenburger Land, versöhnliche Töne an: „Naturschutz und Landwirtschaft schließen sich nicht aus. Man sollte sehen, wie man beides unter einen Hut bekommt."

Kontakt zum Autor:   k.horstmann@nordkuriende

 

 

Aus der Templiner Zeitung vom 24.01.2019, mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

 

Zuletzt geändert: 24.01.2019