Pflegende Hände lassen Orchideen wieder wachsen

 Von Sigrid Werner

Wer die Königin der Blumen in der freien Natur erleben will, der muss sich darum kümmern, dass die Feuchtwiesen regelmäßig gemäht werden. Das zu organisieren, ist nicht so einfach und nur mit vielen Partnern möglich.

 

TEMPLIN. Orchideen gelten als die Königinnen der Blumen. Eigentlich sind sie eine ausdauernde Pflanzenart. Dennoch ist ihr Vorkommen in der freien Natur stark gefährdet. Der Naturschutzbund NABU Templin hat seit vielen Jahren ein waches Auge auf die Standorte, an denen Orchideen noch ihre Pracht entfalten. Gemeinsam mit Partnern wie dem Naturpark, Landwirten, Schulen und der Stadt Templin versucht der Ortsverband, Bestände zu dokumentieren und Pflege zu organisieren.

„Eine langfristige Bestandskontrolle konnte dank der Naturwacht an der Hindenburger Wiese durchgeführt werden. 1983 wurden dort noch 1000 Orchideen gezählt. Nach der Wende ging es mit ihnen ziemlich bergab. In den 1990er Jahren wurden noch 200 bis 300 Exemplare gezählt, Anfang der 2000er nur noch zehn", berichtete Norbert Bukowsky vom NABU Templin. Vor drei Jahren sei auf der Wiese wieder mit Pflegemaßnahmen begonnen worden, 2016 wurden dort 60 Exemplare gezählt.

 Ursache für den zwischenzeitlichen Rückgang war eine nichtkontinuierliche Nutzung des Gebietes. Für Landwirte sei die Bewirtschaftung oft unwirtschaftlich. Neben dem erhöhten Aufwand durch den hohen Wasserstand sei die Qualität des Erntegutes sehr schlecht. Blieben jedoch Feuchtwiesen über längere Zeiten ungemäht, entwickele sich eine nährstoffreiche Hochstaudenflur mit Gilbweiderich, Beinwell und Mädesüß, in der sich konkurrenzschwächere Arten wie Orchideen nicht mehr behaupten können.

 So entstand der Gedanke im NABU Templin, die Pflege ausgewählter Orchideenwiesen kontinuierlich zu organisieren. In Absprache mit dem NABU habe die Stadt Templin bei der Naturschutzbehörde beantragt, dafür Mittel aus dem Ausgleichsfonds für Versiegelungsmaßnahmen einsetzen zu dürfen, sagte Frank Jenek vom Bauamt. 2015 erfolgte die erste Ausschreibung. Von gut 81 000 Euro wurden über 40 000 Euro benötigt, um 7,5 Hektar Kanalwiesen zu mähen, das Erntegut zu beräumen und zu kompostieren.

Mähen der Wiesen teurer als zunächst gedacht

 Im Juni erfolgte die Ausschreibung zur Pflege 2016, wiederum werden Oberschüler und Gymnasiasten in die Arbeit einbezogen. „Ursprünglich dachten wir, wir reichen mit dem Geld vier Jahre", so Norbert Bukowsky. Letztlich war jedoch der Aufwand, insbesondere für die Mähgut-Entsorgung, ziemlich hoch. Als Futter in der Tierproduktion sei es wenig geeignet. Für eine Beweidung seien die Wiesen zu nass.

 „Für Kleintierhalter könnten die Flächen jedoch interessant sein, wir würden sie ihnen zu günstigen Konditionen überlassen", sagte der NABU-Mann Norbert Bukowsky. Schließlich habe man gute Erfahrungen mit einem Kleintierhalter an der Ziegeleibrücke, der 2000 Qua­dratmeter regelmäßig mähe. Etwa 200 Orchideen wurden dort gezählt. „Interessenten können sich bei uns melden", sagte Norbert Bukowsky.

  Kontinuität sei eben das A und O, sagte Norbert Bukowsky. Auf einem Wiesenstück am Kanal, das seit fast 20 Jahren durch engagierte Templiner regelmäßig gemäht worden war, stieg die Anzahl der Orchideenexemplare des Steifblättrigen und Breitblättrigen Knabenkrautes sogar von acht Stück im Jahr 1997 auf 820 im Jahr 2016.

  Nach den letzten städtischen Pflegearbeiten auf den ausgewählten Flächen 2015 stand das Schilf an den Kanalwiesen jetzt schon wieder über einen Meter hoch. Bukowsky hofft, mit den Partnern für die Zukunft neue Finanzquellen für die Pflege der Wiesen auftun zu können, um diese nicht nur sporadisch, sondern längerfristig sichern zu können. Schließlich spiegeln Orchideen gut den Zustand einer Wiese wider, auf der auch andere geschützte Pflanzen wachsen, die auf kalkhaltige, nährstoff-arme Böden angewiesen sind. Bis zu 50 Arten, darunter die Hälfte seltene, gefährdete wie Zittergras, Fieberklee oder Lichtnelke, gedeihen dort. Zum Vergleich: Auf Intensivgrasland finde man in der Regel nur etwa 20 Arten.

Kontakt zur Autorin: s.werner@uckermarkkurier.de

 

Aus der Templiner Zeitung vom 06.07.2016, mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

 

Zuletzt geändert: 10.07.2016